Dichtercafé

In Wolfszeiten

Sonntag, 09.02.2025 · 16.30

Tafelhalle, Nürnberg

Text: Ossip Mandelstam (1891–1938)
Musik: Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) 15. Symphonie in der Bearbeitung für Klaviertrio und Schlagzeug von Viktor Derevianko

Geboren 1891 in Warschau, wuchs Ossip Mandelstam in St. Petersburg auf. Sein jüdisches Erbe prägte ihn ebenso wie die christliche Kultur. Noch vor der Oktoberrevolution veröffentlichte er einen ersten Lyrik-Band. Die bolschewistische Revolution ließ den 26-Jährigen „das Joch der Macht und die Last, die uns zu Boden schlägt,“ frühzeitig erahnen. Immer kühner werden seine Gedichte, konträr zu den ideologischen Vorschriften der Sowjetliteratur. 1933 schreibt er ein Gedicht gegen Stalin, den „Verderber der Seelen und Bauernabschlächter“. Es folgten Verbannung und Arbeitslager, wo er 1938 halb verhungert und herzkrank stirbt. Seine Frau Nadeschda und Freunde des Dichters bewahrten viele der Gedichte, teils durch Auswendiglernen der noch nicht veröffentlichen Texte

Der Komponist Dmitri Schostakowitsch überlebte zwar den Stalinistischen Terror, doch er musste ständig befürchten, ein Opfer von Stalins „Säuberungen“ zu werden – aus Angst vor der üblichen nächtlichen Verhaftung hielt er immer einen gepackten Koffer bereit. Aber vielleicht schützte Schostakowitsch sein Weltruhm, schließlich wusste man auch in Moskau, was man an ihm hatte. Und der Komponist seinerseits versuchte, ohne seine Kunst zu verraten, doch das nötige Minimum an Anpassung in seine Kompositionen zu legen.

Am Ende seines gewaltigen Schaffens kündigte Schostakowitsch eine „fröhliche Symphonie“ an. Und in der Tat ist die 15. Symphonie heiter, aber gewissermaßen von einer finsteren Heiterkeit, doppelbödig, ausgelassen und resigniert zugleich. Es ist, als wollte der Komponist seine eigene Kunst sarkastisch-ironisch betrachten, indem er souverän Zitate (Rossini, Wagner) verwendet, und mit unterschiedlichen Kompositionsprinzipien wie Tonalität und Zwölftönigkeit spielt.

Die Bearbeitung der Symphonie für Klaviertrio und Schlagzeugduo des israelischen Pianisten Viktor Derevianko, vom Komponisten autorisiert, erhält die Kraft des Originalwerkes direkt und unvermittelt – eine Musik, die ihrer Grenzbereiche und Abgründe wegen existentieller nicht sein kann, wie einmal ein Interpret feststellte.

Yascha Finn Nolting gehört seit der Spielzeit 2018/19 zum Ensemble des Staatstheaters Nürnberg. Außerdem betätigt er sich in Lesungen und Hörspielproduktionen, als Synchron-Sprecher, sowie als Liedermacher. 

Tickets
Abendkasse Normal 28 € / Ermäßigt 23 €
Vorverkauf Normal 24 € / Ermäßigt 19 €
Inhaber:innen der Klassik-Card erhalten Ihr Ticket zum ermäßigten Preis

Vorschaubild Yascha Finn Nolting